Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen.
Matthäus 25,35
Manfred Siebald hat vor über vierzig Jahren das Lied gedichtet „Der Alte mit dem Hund“. Die dritte Strophe geht folgendermaßen:
„Er ist hier fremd, wenns auch schon Jahre sind,
dass er hier schaffen geht, vor uns im Laden steht,
wo einer schiefer als der andre nach ihm schaut.
Sein Geld schickt er nach Haus zu Weib und Kind
und fragt sich täglich, wann er es sich leisten kann,
dahin zurückzugehn, wo man ihm nicht misstraut.
Und wir gehen vorbei, und wir sehen vorbei
und merken nicht mehr, dass die Einsamkeit ihn plagt.
Denn mit Heimweh im Blick hat er bei uns kein Glück,
und außerdem verstehn wir doch nicht, was er sagt.“
Es ist also kein neuzeitliches Phänomen, dass Fremde bei uns im Land leben. Und es ist auch keine neuzeitliche Situation, dass sie – die Fremden – mit misstrauischen Augen betrachtet werden. Schon immer war den Menschen suspekt, was ihnen nicht vertraut erschien. Sei es eine andere Hautfarbe, sei es eine fremde Sprache, sei es eine exotische Erscheinung – alles, was wir nicht gewohnt sind, lehnen wir erst einmal ab. Und manchmal eskaliert das Ganze sogar aufgrund unserer Ablehnung und Voreingenommenheit.
Das zeigt dann solche Auswüchse, wie sie in den letzten Tagen zu lesen und zu sehen waren. Noch keine Ermittlungsergebnisse waren veröffentlicht, doch für viele stand bereits fest, dass beispielsweise der Amokläufer von München ein Ausländer, vielleicht sogar einer der verhassten und verschrienen Asylanten war. Dabei war er einer, der in Deutschland geboren und aufgewachsen war, sich als Arier fühlte, obwohl er ausländische Vorfahren hat. Trotzdem war er völlig zu Unrecht bereits vorverurteilt und stigmatisiert, weil das ja so schön in das Weltbild der bösen Ausländer, der unerwünschten Fremden, passt.
Wir sollten uns bewusst machen, dass wir eines Tages Rechenschaft ablegen müssen auch über die Art und Weise, wie wir mit den uns Fremden umgegangen sind. Ich wünsche mir, dass Jesus dann zu uns sagt: Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen.