Jesus sprach: Zachäus, steig eilend herunter; denn ich muss heute in deinem Haus einkehren. Und er stieg eilend herunter und nahm ihn auf mit Freuden.
Lukas 19,5-6
Gestatten, mein Name ist Zachäus. Zachäus der Kleine genauer gesagt. Der Zusatz „Der Kleine“ passt mir ja nicht so richtig, aber ich muss damit leben. Ich bin nun mal einige Zoll kleiner als meine Mitmenschen.
Doch ich habe meinen Mitmenschen etwas voraus, und das ist meine hohe Stellung als oberster Zolleinnehmer. Und da kommt es nicht auf körperliche Größe an, sondern auf Grips und Cleverness. Und mit beiden bin ich reichlich gesegnet.
Natürlich nutze ich meine Begabung auch weidlich aus. Ich habe in meinem Job Möglichkeiten, davon träumen andere nur. Als oberster Zolleinnehmer kann ich festlegen, was wie hoch verzollt werden muss, und wenn sich einer beschwert – nun, da habe ich hinter mir die Staatsmacht, die greift notfalls mit Gewalt durch. Auf diese zugebenermaßen nicht ganz koschere Art bin ich zu einem ansehnlichen Vermögen gekommen.
Nur eines behagt mir nicht: Meine Landsleute verachten mich. Gerne würde ich abends mit ihnen unter dem alten Olivenbaum in meiner Nachbarschaft sitzen und ein bisschen über dies und jenes schwatzen. Doch sie zeigen mir die kalte Schulter. Dabei habe ich ihnen doch gar nichts getan.
Doch heute habe ich ein Geraune unter den Leuten gehört, da soll dieser Rabbi aus Nazareth in meine Stadt kommen. Mit einem riesigen Gefolge, alles Menschen, die ihm nachlaufen, weil sie nicht genug von seinen Erzählungen und Wundern bekommen können. Den würde ich mir auch ganz gern mal aus der Nähe anschauen.
Aber jetzt wird mir meine Kleinheit wieder so richtig bewusst. Ich stehe im Gedränge ganz hinten und kann gar nichts sehen. Sobald ich versuche mich etwas vorzuarbeiten, werde ich wieder beiseite und nach hinten geschoben. Habe ich schon erwähnt, dass ich auch nicht der Kräftigste bin? Keine Chance gegen die großen starken Männer, die da vor mir stehen.
Halt, da steht ein Maulbeerbaum. Ein prima Versteck. Und auch für einen kleinen Menschen leicht zu erklettern. Nichts wie hin und hochklettern. Ja, jetzt kann ich diesen Rabbi erkennen. Doch was ist jetzt? Er kommt auf meinen Baum zu, steht unten neben dem Stamm und blickt zu mir hoch. Und jetzt spricht er mich sogar an. Er kennt meinen Namen. Und er will bei mir essen. Er lädt sich selbst bei mir ein.
Etwas zerbricht in mir – die Schale aus Eitelkeit, Stolz, Machtgier und gleichzeitiger Angst. Ich steige hinunter und bitte Jesus in mein Haus. Und was soll ich sagen: Ich bin ein völlig neuer Mensch geworden! Ich habe es nicht mehr nötig, die Menschen um mich herum zu betrügen! Ich bin so glücklich, dass ich die ganze Welt umarmen könnte!
Danke, Jesus, für Deine Liebe zu mir, der ich doch ein so großer Sünder war!