Denke keiner gegen seinen Bruder etwas Arges in seinem Herzen!
Sacharja 7,10
Das Auge kann nicht zur Hand sagen: Ich brauche dich nicht, auch nicht der Kopf zu den Füßen: Ich brauche euch nicht. Vielmehr sind eben jene Glieder des Leibes, die als besonders schwach gelten, umso wichtiger.
1.Korinther 12,21-22
Vielleicht kennt Ihr die alte Fabel vom Aufstand der Organe: Eines Tages hatten es die Organe und Körperteile satt, für den Magen die Nahrung zu beschaffen. Sie beklagten sich darüber, dass der Magen nichts für sie tat. So beschlossen sie, den Magen nicht mehr mit Nahrung zu versorgen. Dadurch wollten sie ihn zwingen, selbst tätig zu werden. Die Hände führten kein Essen mehr in den Mund, die Zähne kauten nicht mehr.
Doch der Magen tat nichts – er konnte nichts tun – um Nahrung zu beschaffen. Und so wurde der Körper immer schwächer und drohte zu verhungern. Also nahmen die Organe und Körperteile ihre Arbeit wieder auf.
Diese Fabel aus der antiken griechischen Literatur war den Zuhörern und Zuhörerinnen der Briefe des Apostels Paulus sicher bekannt. An dieses Bild knüpft er an, wenn er die Gemeinde in Korinth als einen Körper beschreibt, in dem jedes Glied seine Aufgabe hat. Eine Hand oder ein Fuß ist für sich allein unbrauchbar. Nur zusammen ergeben die Bestandteile eines Körpers einen Sinn – die Einzelteile sind aufeinander angewiesen.
Paulus redet in seinem Brief mit den Korinthern wie mit Kindern. Aber das ist auch gut so, wer sich Kindern verständlich macht, der kann sicher sein, dass ihn alle verstehen, sofern er nicht allzu sehr in die „DuDu“- und „Teita“-Sprache verfällt. Lange dachte man so mit Kindern reden zu müssen, aber eigentlich ist das auch nichts anderes als Zungenrede: Niemand versteht’s, wenn’s nicht übersetzt wird.
Aber wie in Geschichten für Kinder bekommen die Körperteile ein eigenes Leben. Sie erhalten eine eigene Sprache, eigene Gefühle, eigene Interessen.
Der Fuß will Hand werden, das Ohr ist neidisch auf das Auge, und wenn alle Auge sein wollen, dann fehlt dem Körper alles Wesentliche, denn was will er mit dem Gesehenen, wenn er es nicht verarbeiten kann, wenn er kein Gemüt hätte um sich an den schönen Bildern zu freuen, wenn er sie sieht, oder wenn er keine Arme hätte, um mit anzupacken, wenn er sieht, wo er gebraucht wird und woher sollte er wissen, dass er gebraucht wird, wenn er nicht ein Gehirn hätte, das Gesehenes mit Erinnerung, Erfahrungen und Gelerntem verbindet, um dann eine Entscheidung zu treffen.
Ausgewogenheit ist wichtig. Manchmal gibt es nur Köpfe. Manche Körperteile vergammeln, weil Christen ihre Funktion nicht ausüben. So wie es im richtigen Körper ist, dass Muskeln, die nicht gebraucht werden, erschlaffen.
Und mir drängt sich noch eine Frage auf: Ist ein Teil, eine Gabe, ein Talent, wie auch immer man es nennt, ist irgend etwas wichtiger als etwas anderes? Die Frage beantworte ich mit einem ganz dicken NEIN…
Trotzdem denke ich, hat mancher vielleicht doch Hemmungen, Komplexe, macht sich zu viel Gedanken, glaubt, dass er etwas nicht so gut kann wie der andere und deshalb doch lieber gar nicht mitmacht.
Paulus schreibt ja darüber: „gerade die schwächer scheinenden Glieder des Leibes sind unentbehrlich“ und etwas weiter: „Gott hat den Leib so zusammengefügt, dass er dem geringsten Glied mehr Ehre zukommen ließ, damit im Leib kein Zwiespalt entstehe, sondern alle Glieder einträchtig füreinander sorgen“ – das heißt auf gut deutsch „Keiner ist überflüssig!“
Wir beten:
Danke, Vater, dass wir dir alle wertvoll sind. Keiner ist dir zu klein oder zu gering. Danke, dass du für einen jeden von uns die gleiche Liebe hast. Danke für alles, was du uns schenkst. Amen.