In vielen Gemeinden ist es üblich, dass zu Weihnachten ein Krippenspiel aufgeführt wird. Auch in meiner Gemeinde lebt diese Tradition. War es früher ein herkömmliches Krippenspiel, so werden jetzt eher sogenannte moderne Spiele aufgeführt. Spiele, in denen Zeitreisen vorkommen, Weihnachten im Internet verfolgt wird oder Maria und Josef vergeblich an unsere eigene Tür klopfen.
Eines dieser modernen Weihnachtsspiele hatte folgende Handlung: (Anmerkung: Ich habe diesen Text als Kurzpredigt im Anschluss an das Krippenspiel verwendet.)
Ein Engel hat den Hirten die Botschaft von der Geburt Jesu verkündet – das verändert ihr Leben von Grund auf. Von da an werden sie nicht müde zu erzählen, was ihnen passiert war.
In unserem Spiel haben die Hirten sogar die Jahrtausende überwunden, um den Menschen in unserer heutigen Zeit diese heilbringende Botschaft zu bringen.
Da ist ein Arbeitsloser, der sich immer und immer wieder bewirbt – der als zu alt abgestempelt wird, der eine Absage nach der anderen erhält und langsam aber sicher die Hoffnung auf eine gesicherte Zukunft aufgibt…alles ist zwecklos…Weihnachten fällt aus…
Da ist eine junge Frau, verlassen, die vor lauter Liebeskummer nicht mehr weiter weiß und sich wie der letzte Dreck vorkommt, weil ihr Freund nichts mehr von ihr wissen will…sie fühlt sich wie ein Nichts…Weihnachten, das sogenannte Fest der Liebe, ist nichts für sie…
Da ist ein junger Mann, der mit seiner Zeit nichts anzufangen weiß und aus lauter Langeweile nur noch vor dem Fernseher herumtrödelt in der Meinung, es gäbe nichts mehr, das ihn interessieren könne…er kennt alles schon…es gibt nichts Neues für ihn…Weihnachten ist uninteressant…
Zu ihnen kommen die Hirten und zeigen, dass es auch noch andere Wege, andere Möglichkeiten geben kann.
Zwischendurch wird die Weihnachtsgeschichte gezeigt, wie wir sie kennen – Maria und Joseph auf der Suche nach einer Herberge, immer wieder abgewiesen, bis sich eine freundliche Seele ihrer erbarmt und sie wenigstens ein Dach über dem Kopf haben, unter dem Maria ihr Kind zur Welt bringen kann – ärmlich, in einem Stall, als Wiege eine Futterkrippe.
Ganz anders als sie es sich vielleicht erträumt hätten, und doch der Weg, den Gott mit ihnen gehen wollte. Der trockene Stall ist ein Lichtblick in der Ausweglosigkeit ihrer Situation.
Und die Hirten werden als Ausgestoßene und Verachtete bezeichnet, ihre Arbeit wird gering geschätzt, sie sind Außenseiter.
Ausgerechnet zu ihnen kommt der Engel und bringt die Botschaft, die ihr ganzes Leben umkrempeln wird und die ihnen klar macht, dass auch sie in den Augen Gottes wertvoll sind.
Der Engel lässt sie aufblicken, lässt sie ihre erbärmliche Lage vergessen und macht den Blick frei für die anderen, die noch nicht von der guten Botschaft gehört haben.
Dann sind da noch die Weisen aus dem Morgenland – sie können sich nicht vorstellen, dass ein König woanders als im Königspalast zur Welt kommen könnte – und so verlaufen sie sich erst einmal, bis sie durch das Wort Gottes wieder auf den richtigen Weg kommen und schließlich doch noch das Kind finden, das Kind, das all ihr Wissen auf den Prüfstand stellt, das Kind, das ihre Meinung über Gott und die Welt von Grund auf ändert.
Der Stern hat ihnen den Weg gewiesen, und als sie sich endlich darauf einlassen ihm zu vertrauen, kommen sie auch an ihr Ziel.
Aufmerksam, aber auch zweifelnd hören unsere drei Kandidaten die Geschichten der Hirten und der Weisen an – ihre Reaktion zeigt sich übereinstimmend in dem Satz „Meinst du wirklich?“
Zweifel an der Möglichkeit, dass es anders werden kann, Zweifel daran, dass auch noch heute geschehen kann, was vor zweitausend Jahren geschah – noch ist unklar, ob die drei sich von ihren Zweifeln verabschieden können.
Unser Weihnachtsspiel hat kein Happy-End.
Und wie ist es bei uns?
Wie oft fühlen wir uns wie einer dieser drei – unnütz, weil uns niemand braucht, enttäuscht und verlassen, gelangweilt, desinteressiert?
Und doch – das Angebot Gottes gilt auch für uns – für jeden von uns. Weihnachten kommt zu uns, zu jedem in seiner ganz speziellen Situation. Der Stern von Bethlehem leuchtet auch für uns. Sein Licht brennt, es scheint uns allen. Manchmal vergessen wir es, so wie die drei es vergessen haben oder nicht wahrhaben wollen.
Der Stern, das Symbol für Weihnachten, hängt in vielen Räumen, in Wohnungen wie auch in Kirchen. Er will uns etwas erzählen, erzählen von der Freude, die auf uns wartet. Sie gilt jedem, der zu Gott kommt, ganz gleich, ob er arbeitslos ist, sich verlassen fühlt, einsam sein Leben fristet oder auf der Suche nach der Wahrheit ist.
Weihnachten kommt, ganz gleich, in welcher Situation wir leben. Gott kommt zu uns und fragt nicht danach, ob wir arm oder reich, klug oder dumm sind. Er kommt zum Professor und zum Obdachlosen, zur Managerin und zur Hausfrau, zum Schulkind und zur Rentnerin.
Jeder ist in Gottes Augen wertvoll – wertvoll genug, dass er in der Gestalt eines kleinen Kindes in diese Welt kommt.
Vielleicht sagen irgendwann auch die drei aus unserem Weihnachtsspiel nicht mehr „Meinst du wirklich?“ – sondern sie sagen „Ja, ich weiß, dass Gott mich liebt, dass er zu mir hält, dass er mich nicht im Stich lässt, ich weiß, dass mein Leben nicht sinnlos ist.“
Dann hat auch dieses Weihnachtsspiel ein Happy-End. Doch es will nicht nur ein Spiel sein. Es will uns alle einladen, Ja zu sagen zu dem Angebot Gottes. Es gilt für alle, für meine Freunde, für die, die ich nicht so mag, für Menschen anderer Hautfarbe, anderer Religion und auch für die Fremden, die in meiner Stadt eine Zuflucht suchen und eine neue Heimat finden wollen.
In diesem Sinne – lass auch Du Dich einladen, dem Stern zu folgen und sein Licht in Deinem Leben leuchten zu lassen!