Die Insel der Gefühle
Vor langer Zeit existierte einmal eine wunderschöne, kleine Insel. Auf dieser Insel waren alle Gefühle der Menschen zu Hause: Der Humor und die gute Laune, die Traurigkeit und die Einsamkeit, das Glück und das Wissen und all die vielen anderen Gefühle. Natürlich lebte auch die Liebe dort.
Eines Tages wurde den Gefühlen jedoch überraschend mitgeteilt, dass die Insel sinken würde. Also machten alle ihre Schiffe seeklar, um die Insel zu verlassen. Nur die Liebe wollte bis zum letzten Augenblick warten, denn sie hing sehr an ihrer Insel.
Bevor die Insel sank, bat die Liebe die anderen um Hilfe.
Als der Reichtum auf einem sehr luxuriösen Schiff die Insel verließ, fragte ihn die Liebe: „Reichtum, kannst du mich mitnehmen?“
„Nein, ich kann nicht. Auf meinem Schiff habe ich sehr viel Gold, Silber und Edelsteine. Da ist kein Platz mehr für dich.“
Also fragte die Liebe den Stolz, der auf einem wunderbaren Schiff vorbeikam. „Stolz, bitte, kannst du mich mitnehmen?“
„Liebe, ich kann dich nicht mitnehmen“, antwortete der Stolz, „hier ist alles perfekt und du könntest mein schönes Schiff beschädigen.“
Als nächstes fragte die Liebe die Traurigkeit: „Traurigkeit, bitte nimm du mich mit.“
„Oh Liebe“, sagte die Traurigkeit, „ich bin so traurig, dass ich allein bleiben muss.“
Als die gute Laune losfuhr, war sie so zufrieden und ausgelassen, dass sie nicht einmal hörte, dass die Liebe sie rief.
Plötzlich aber rief eine Stimme: „Komm Liebe, ich nehme dich mit.“
Die Liebe war so dankbar und so glücklich, dass sie ganz und gar vergaß, ihren Retter nach seinem Namen zu fragen.
Später fragte die Liebe das Wissen: „Wissen, kannst du mir vielleicht sagen, wer es war, der mir geholfen hat?“
„Ja sicher“, antwortete das Wissen, „das war die Zeit.“
„Die Zeit?“ fragte die Liebe erstaunt, „Warum hat mir die Zeit denn geholfen?“
Und das Wissen antwortete: „Weil nur die Zeit versteht, wie wichtig die Liebe im Leben ist.“
Verfasser leider unbekannt
Das Fühlen – die Gefühle – das Gefühl
Gleich als Gegensatz zu der vorigen Geschichte will ich euch einen Spruch vorlegen, der eigentlich so gedeutet werden könnte, dass wir die ganze Sache heute vergessen könnten…
Verlass dich nicht auf Stimmungen und Gefühle! Ein Gramm Glauben ist mehr wert als ein Zentner Gefühl. Charles Haddon Spurgeon
Und trotzdem werde ich euch einiges über das Gefühl erzählen heute – der Glauben soll dabei aber nicht zu kurz kommen.
Fünf Sinne hat mir Gott, der Herr, verliehen, mit denen ich mich zurechtfinden darf in meinem Leben:
Gesicht, Gehör, Geschmack, Geruch, Gefühl.
Fünf Sinne für die Unermesslichkeit aller Erscheinungen.
Mit allen fünf Sinnen nehme ich auf. Und heute ist das Fühlen dran.
Unter dem Begriff Gefühl oder Fühlen lassen sich verschiedene Bedeutungen zusammenfassen. Auf der einen Seite wird das Wort als Beschreibung für verschiedene Emotionen wie z.B. Trauer und Freude gebraucht, sowie als Beschreibung für die innere Intuition bzw. Eingebung. Im Synonymwörterbuch habe ich eine ganze Reihe von Wörtern gefunden, die in ihrem Sinn dem Wort Gefühl entsprechen. Was würdet Ihr anstelle von dem Wort Fühlen oder Gefühl noch sagen?
Empfindungsvermögen,
Empfindungsfähigkeit,
Empfindung,
Emotion oder Emotionalität,
Sensibilität oder Sensus,
Herz,
Gemüt,
Empathie,
Einfühlungsvermögen,
Ahnung,
Vorgefühl oder Vorahnung,
Eindruck
Impression,
Wahrnehmung,
Gespür,
Empfindlichkeit,
Spürsinn,
Instinkt,
Unterbewusstsein,
Das Unbewusste
sind nur eine Auswahl davon.
Auf der anderen Seite besitzt der Begriff eine physiologische, also eine körperliche Bedeutung. So beschreibt ein Gefühl ebenfalls die Sensibilität, also z.B. das Fühlen der Haut. Und mit diesem Fühlen wollen wir uns heute vorrangig befassen.
Das Organ, mit dem wir fühlen, fühlen im Sinne von materieller Berührung, ist gleichzeitig das größte Organ des menschlichen Organismus:
Die Haut
Die Haut (gr. derma; lat. cutis) ist funktionell das vielseitigste Organ des menschlichen oder tierischen Organismus.
Die Haut stellt den sichtbaren Teil des menschlichen Körpers dar. Als solcher erfüllt die Haut eine Reihe von Funktionen, die der Kommunikation dienen. Zur Reizaufnahme und damit zur Oberflächensensibilität ist die Haut mit unterschiedlichen Typen von Rezeptoren ausgestattet:
Schmerzrezeptoren: Sie liegen in der Lederhaut, ihre Dichte variiert je nach Körperregion (bis zu 200/cm² Haut).
Druckrezeptoren (Vater-Pacini-Körperchen): Sie dienen der Wahrnehmung von Druckempfindungen und liegen in der Unterhaut. Ihre Dichte beträgt bis zu 100/cm².
Thermorezeptoren (freie Nervenendigungen): sie liegen an den Stellen, die besonders wetterfühlig sind. Wisst Ihr, welche ich meine? Die am schnellsten kalt sind, wenn starker Wind oder Frost herrscht. Sie sind besonders dicht an Kinn, Nase, Ohrmuschel, Ohrläppchen und Lippen. Insgesamt besitzt die menschliche Haut ca. 250.000 Kälterezeptoren. Aber es gibt auch noch das Gegenteil, nämolch Wärmerezeptoren. Die Anzahl der Wärmerezeptoren beträgt nur etwa 1/10 davon, sie arbeiten zudem deutlich langsamer als Kälterezeptoren.
Beim Wetterbericht ist manchmal von der gefühlten Temperatur die Rede. Die muss nicht unbedingt mit der Temperatur übereinstimmen, die am Thermometer abzulesen ist. Abhängig von beispielsweise der Windstärke kann eine gefühlte Temperatur erheblich abweichen vom Thermometerstand.
Dehnungsrezeptoren (Ruffini-Körperchen): Sie registrieren den Dehnungszustand der Haut und liegen in der Lederhaut (Stratum reticulare). Ihre Dichte beträgt bis zu 2/cm² Haut.
Tastrezeptoren (Meissner-Körperchen und Merkel-Zellen): Tastrezeptoren kommen in der unbehaarten Haut vor. Besonders dicht (Abstand: 1 bis 5 mm) sind sie in den Fingerspitzen, den Lippen, der Zunge, den Brustwarzen, den äußeren Geschlechtsorganen und der Afterregion verteilt.
Haarfollikelrezeptoren: Sie registrieren die Haarstellung. Bei Kälte bewirken sie die Entstehung der sogenannten Gänsehaut – das ist ein Schutzmechanismus des Körpers gegen die Kälte – die Haare auf der Haut richten sich auf und isolieren durch die Luft, die dazwischen liegt, den Körper von der äußeren Kälte. Gut dran ist jemand mit viel Wärmedämmung, also starker Körperbehaarung. Bei mir ist da eher weniger da.
Ihr seht also, wir sind mit Rezeptoren en gros ausgestattet. Und der Schöpfer hat sich mit Sicherheit dabei was gedacht – sind doch diese Rezeptoren zum Teil lebensnotwendig. Denken wir beispielsweise an die Kälterezeptoren. Wir würden erfrieren, wenn wir sie nicht hätten, weil wir die Kälte nicht spüren würden.
Und dann gibt es noch die psychogalvanische Hautreaktion – ich weiß, es sind heute viele wissenschaftliche Wörter, aber da gibt es kaum deutsche Entsprechungen. Wenn ich diese Wort übersetzen würde, käme so etwas raus wie „Überziehen der Außenhaut durch seelische Vorgänge“: also die psychogalvanische Hautreaktion gibt Rückschlüsse auf emotionale Vorgänge. Beispiele sind der Lügendetektor, das Erröten bei Peinlichkeiten oder aus Wut, aber auch die Reaktion auf Streicheln.
Ganz besonders stark sind Blinde auf den Tastsinn angewiesen. Sie sehen praktisch mit den Händen, aber auch mit Ohren und Nase. Die Blindenschrift, die wir heute kennen, wurde entwickelt von dem Franzosen Louis Braille, der selbst im Alter von 3 Jahren erblindete und als Jugendlicher die Brailleschrift entwickelte, die aus ganzen 6 Zeichen besteht. Je nach Anordnung dieser Zeichen sind 64 unterschiedliche Kombinationen möglich, was für das Alphabet und die Zahlen voll ausreicht. Leider wurde seine Entwicklung erst nach seinem Tod eingeführt – vorher wurde sie abgelehnt, weil sich Blinde angeblich mit einer eigenen Schrift von den Sehenden isolieren würden. Ein Buch in Blindenschrift ist natürlich viel voluminöser als ein normales Buch, aber ein geübter Blinder kann genauso schnell lesen mit seinen Händen wie wir mit den Augen.
Doch auch wir können mit den Händen sehen. Das könnt ihr ausprobieren, indem ihr mit geschlossenen oder verbundenen Augen Gegenstände ertastet – ich verspreche euch, ihr werdet die meisten erkennen.
Eine ganz bekannte Frau, die mit ihren Händen sehen gelernt hatte, hieß Helen Keller.
Erblindet und ertaubt im Alter von 1 ½ Jahren, hatte sie bis dahin kaum ein Wort sprechen gelernt. Ihre Lehrerin Anne Sullivan erzählt:
„Es hat sich etwas sehr Wichtiges zugetragen. Helen hat gelernt, dass jedes Ding einen Namen hat und dass das Fingeralphabet der Schlüssel zu allem ist, was sie zu wissen verlangt.
Als ich sie heute früh wusch, wünschte sie die Bezeichnung für Wasser zu erfahren. Wenn sie die Bezeichnung für etwas zu wissen wünschte, so deutete sie darauf und streichelte mir die Hand. Ich buchstabierte ihr w-a-t-e-r in die Hand und dachte bis nach Beendigung des Frühstücks nicht mehr daran.
Später gingen wir zu der Pumpe, wo ich Helen ihren Becher unter die Öffnung halten ließ, während ich pumpte. Als das kalte Wasser hervorschoss und den Becher füllte, buchstabierte ich ihr w-a-t-e-r in die freie Hand. Das Wort, das so unmittelbar auf die Empfindung des kalten, über ihre Hand strömenden Wassers folgte, schien sie stutzig zu machen. Sie ließ den Becher fallen und stand wie angewurzelt da. Ein ganz neuer Lichtschein verklärte ihre Züge. Sie buchstabierte das Wort water zu verschiedenen Malen. Dann kauerte sie sich nieder, berührte die Erde und fragte nach dem Namen, ebenso deutete sie auf die Pumpe und das Gitter. Dann wandte sie sich plötzlich um und fragte nach meinem Namen. Ich buchstabierte teacher (Lehrerin) in die Hand.
Auf dem ganzen Rückweg war sie in höchstem Grade aufgeregt und erkundigte sich nach dem Namen jedes Gegenstands. Alles musste jetzt einen Namen haben.
Sobald sie das betreffende Wort kennt, wendet sie ihre früheren Zeichen und Pantomimen nicht mehr an.“
Soweit Anne Sullivan über Helen Keller. Ohne ihre Lehrerin wäre Helen dahinvegetiert, ohne jemals etwas Sinnvolles zu lernen. Und auch hier hat das Fühlen eine große Rolle gespielt, nicht nur das Fühlen mit der Hand, sondern das Feingefühl, das diese Lehrerin in der Erziehung und Ausbildung ihres Schützlings bewies. Es gibt ja, wie anfangs schon gesagt, auch das innere Fühlen, das Gefühl, das wir füreinander empfinden, ohne es mit den Händen greifen zu können.
Was wir mit den Händen, meistens sind es ja die Hände, fühlen und anfassen, das begreifen wir im wahrsten Sinne des Wortes. Wir greifen es an. Dabei fühlen wir die Unterschiede in Material, Temperatur oder Härte. Und manchmal spüren wir auch eine Reaktion. Bei Brennnesseln zum Beispiel. Die wehren sich nämlich gegen die Berührung. Oder wenn wir einen heißen Teller oder Becher anfassen, da sollten wir lieber Topflappen oder Handschuh nehmen, sonst wird’s unangenehm. Auch scharfe Sachen wie Messer sollten wir vorsichtig angehen, sonst fühlen wir, wie scharf so ein Messer sein kann. Dann werden unsere Schmerzrezeptoren angeregt und melden uns: „Hoppla, da ist was nicht in Ordnung! Loslassen!“
Zum Schluss will ich euch noch eine Geschichte erzählen, die mit den Gefühlen zu tun hat. Diesmal eher mit den inneren Gefühlen.
Ein Indianerhäuptling erzählt seinem Sohn folgende Geschichte: „Mein Sohn, in jedem von uns tobt ein Kampf zwischen zwei Wölfen.
Der eine Wolf ist böse.
Er kämpft mit Ärger, Neid, Eifersucht, Sorgen, Gier, Arroganz, Selbstmitleid, Lügen, Überheblichkeit, Egoismus und Missgunst.
Der andere Wolf ist gut.
Er kämpft mit Liebe, Freud, Frieden, Hoffnung, Gelassenheit, Güte, Mitgefühl, Großzügigkeit, Dankbarkeit, Vertrauen und Wahrheit.“
Der Sohn fragt: „Und welcher der beiden Wölfe gewinnt?“
Der Häuptling antwortet ihm: „Der, den du fütterst.“
Wir alle verspüren negative und positive Gefühle. Diese sind jedoch nicht so unberechenbar wie beispielsweise das Wetter. Im Gegenteil: jeder von uns hat Einfluss auf seine Gefühle. Wir füttern unsere Gefühle und halten diese am Leben durch unsere Selbstgespräche. Wir können unsere Gefühle ändern, indem wir lernen, anders zu denken.
Worauf wir uns konzentrieren, das wächst. Geben wir einem negativen Gefühl nach, steigern uns hinein, dann wächst es und wird stärker. Das trifft auf alle Gefühle zu – die positiven und die negativen.
Je mehr wir den negativen Gefühlen freien Lauf lassen, umso mächtiger und stärker werden diese. Je mehr wir aber unsere positiven Gefühle pflegen und nähren, umso stärken werden diese und umso häufiger spüren wir sie.
Wenn wir also glücklich sein wollen, dann müssen wir bewusst jeden Tag nach Positivem Ausschau halten und so unsere positiven Gefühle stärken. Und das Danken soll in unserem Denken einen großen Raum einnehmen.
Und wir sollen immer daran denken – nichts ist für die Ewigkeit.
Gott sei dein Hirte, der dir das geben möge,
was du zum Leben brauchst:
Wärme, Geborgenheit und Liebe, Freiheit und Licht
und das Vertrauen zu ihm, zu deinen Mitmenschen
und zu dir selbst. Amen.