Versprecher 1

SAMSUNG CAMERA PICTURESVersprecher 1

Wir hatten als Jugendgruppe in unserer Gemeinde jedes Jahr die ehrenvolle Aufgabe, das Krippenspiel zum Heiligabend zu gestalten.

Irgendwann war das Spiel „Die offene Tür“ dran. Darin wird erzählt, wie ein Weihnachtsspiel durch ein Ehepaar gestört wird, das ständig in die Handlung hineinspricht und es unterbricht. Dabei kommt es sogar zur Eskalation, weil die Darstellerin eines Engels im wahren Leben eine Krankenschwester ist, die an ihren Patienten alles andere als engelhaft handelt. Das kann der Ehemann nicht hinnehmen und demaskiert sie vor der gesamten Gemeinde. Selbstgerecht und überheblich wirft er ihr sämtliche Verfehlungen vor.

Doch plötzlich wird ihm ein Spiegel vorgehalten, als sein Lehrling ihn ebenfalls vor der Gemeinde zur Rede stellt. Dieser wirft ihm ähnliche Verfehlungen vor wie er sie der Krankenschwester öffentlich vorgehalten hat.

Die anderen Engeldarsteller sind betroffen, und einer will sogar seine ganze Rolle wegwerfen, weil er sich nicht mehr würdig fühlt, den Engel zu spielen, denn er sagt von sich selbst: „Es ist nicht nur ein Spiel…Täglich gehe ich an einer kleinen Tür vorbei. Sie ist verschlossen, und dahinter wartet ein Mensch. Die Tür bleibt zu – hastig eile ich vorbei.“

In den allgemeinen Streit und die Abbruchstimung hinein greift die Darstellerin der Maria ein. Sie weist hin auf den, der für alle unsere Verfehlungen gekommen ist, um diese zu tragen und sie in Nichts aufzulösen. Die geplanten Worte der Maria waren: „Es ist der Mensch, den nie die Finsternis verschluckte.“

In einer der letzten Proben kam allerdings der Satz: „Es ist der Mensch, der sich nie verschluckte…“ Ich habe mich auf dem Boden gewälzt vor Lachen.

Und seitdem konnte ich an dieser Stelle nur unter allergrößter Anstrengung ernst bleiben…

Ich war übrigens die geplagte Ehefrau des Störenfrieds…und der wurde durch meinen jüngsten Bruder, zwei Jahre älter als ich, gespielt.

Und noch eins: Wir haben das Krippenspiel auch in der katholischen Kirchgemeinde aufgeführt. Offensichtlich haben wir so echt gespielt, dass die Leute gar nicht gemerkt haben, dass alles zum Spiel gehört. Eine Dame aus der Gemeinde wollte sogar vorgehen und uns hinauswerfen, glücklicherweise war eine Freundin von uns anwesend und konnte die gute Frau aufklären…

Dieser Beitrag wurde unter Heiteres veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.