Unser Kreuz

100_4335Diese Predigt habe ich am 15.02.2015 in meiner Heimatgemeinde gehalten

 

Säg` am Kreuz nichts ab!

von A. Jung

Der Kampf ist heiß, die Last ist schwer,
Oft seufzt du müde: „Ich kann nicht mehr!“
Doch halte nur aus, einst wird dir´s klar,
Wie nötig hier unten das Kreuz dir war.

Auf hartem Stein am Waldesrand
Sitzt müde ein Greis, den Stab in der Hand.
Er kann nicht mehr weiter, er ist zu matt,
Weil er so viel Schweres zu tragen hat.

Still schaut er im Geiste den Weg, den er kam.
Er fing einst so herrlich mit Sonnenschein an.
Noch denkt er in stiller Wehmut zurück,
Doch liegt in Trümmern, was einst war sein Glück.

Nichts ist ihm geblieben, so arm und allein
Muss er bis ins hohe Alter nun sein.
Da krampft sich das Herz zusammen vor Weh:
„Mein Gott, warum muss diesen Weg ich gehn?“

Und über dem Denken und über dem Sinnen
ihm heiß von der Wange die Tränen rinnen.
Doch nach und nach wird´s still in der Brust,
Er ist sich der Gotteskindschaft bewusst,

Drum schaut er im Glauben hinauf zur Höh`:
“Dort wird sich das klären, was ich nicht versteh.“
So fasst er den Stab, und mit leisem Gesang
Geht er heim zur Hütte am Bergeshang,

Legt müde vom Wandern zur Ruh sich hin.
Noch zieht ihm so manches durch den Sinn.
Auf all sein Sorgen und was er gefragt,
Im Traume Gott selbst ihm die Antwort sagt.

Er sieht sich als Pilger von Land zu Land
Recht mühsam wandern im Pilgergewand.
Das Ziel seiner Wanderung ist jene Stadt,
Die Gott, der Herr, selbst gegründet hat.

Und auf dem Rücken ein Kreuz er trägt,
Das ist seine Last, die ihm Gott auferlegt.
Er wandert recht mutig, das Ziel winkt von fern,
Schön glänzt diese Stadt wie ein goldener Stern.

Doch heiß brennt die Sonne, das Kreuz drückt sehr,
Er muss einmal ruhen, denn er kann bald nicht mehr.
Dort steht ja ein Häuschen, so schmuck und so klein,
Da nimmt er das Kreuz ab; wie ruht sichs hier fein.

Als er dann weiter des Weges will gehn,
Sieht er eine Säge dort neben sich stehn.
Nun denkt er: Dein Kreuz ist so lang und so schwer
Du sägst etwas ab, ja dann drückts dich nicht mehr.

Schnell ist es getan, nun war leichter die Last,
Und er denkt sich, wie gut dass du’s abgesägt hast.
Nun geht das Wandern bequem und leicht,
Jetzt ist das Ziel noch viel schneller erreicht.

Bald sieht er die Stadt auch schon vor sich stehn
Wie herrlich und schön ist sie anzusehn!
Ein Graben nur trennt ihn noch von der Stadt,
Der aber gar keine Brücke hat.

Er läuft entlang, er sucht und er sinnt,
Doch eine Brücke er nirgends find’t.
Da fällt ihm das Kreuz auf dem Rücken ein,
Vielleicht könnte das ihm jetzt Brücke sein.

Er nimmts und schiebts übern Graben her,
Doch es ist zu kurz, es reicht nicht mehr,
es fehlt nur das Stück, das er abgesägt.
„Ach hätt ich’s doch nicht“, seufzt er tief bewegt,

Nun stehe ich hier so nahe am Ziel,
Und kann doch nicht hin, weil mirs Kreuz nicht gefiel.
Er weint und schreit, er klagt sich an,
Weil er selber schuld, dass er zur Stadt nicht kann.

Dann naht ein Pilger, der auch ein Kreuz trägt,
Von dem er aber n i c h t s abgesägt.
Er kommt zum Graben, legts Kreuz drüber hin
Und geht zur Stadt mit frohem Sinn.

Da denkt unser Pilger: Ich will doch seh´n,
Ob über dies Kreuz ich zur Stadt kann geh`n.
Er tritt hinzu, o weh, es kracht,
Mit einem Schrei ist er aufgewacht.

Er sieht sich im Zimmer, er ist noch hier,
„Mein Gott, o von Herzen danke ich Dir!“
Es war nur ein Traum, doch die Angst und Qual
Möcht ich durchkosten nicht noch einmal.

Ich seh nun mein Kreuz an als göttliche Gab
Und säg an demselben nichts mehr ab.
So muss es sein, wie der Vater es macht,
Und geht auch mein Weg durch Trübsal und Nacht,

Ich harre still aus, trag Kreuz und Leid,
Es ist mir ja Brücke zur Herrlichkeit.
Und du, der du auch ein Kreuze trägst,
Und auch gern ein Stückchen davon absägst,

Tu´s nicht, denn es ist eine göttliche Gab,
Denn sägst Du, dann sägst du den S e g e n ab.

Dieses zugegebenermaßen etwas lange Gedicht will uns einstimmen auf unseren heutigen Predigttext – Jesus ist auf dem Weg zu seinem Leiden und Sterben, er weiß, was ihm bevorsteht. Und er spricht offen davon, doch seine Jünger, allen voran Petrus, der starke Fels, verstehen ihn wieder einmal nicht.

Markus 8,31-38
31 Und er fing an, sie zu lehren: Der Menschensohn muss viel leiden und verworfen werden von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten und getötet werden und nach drei Tagen auferstehen.
32 Und er redete das Wort frei und offen. Und Petrus nahm ihn beiseite und fing an, ihm zu wehren.
33 Er aber wandte sich um, sah seine Jünger an und bedrohte Petrus und sprach: Geh weg von mir, Satan! Denn du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist.
34 Und er rief zu sich das Volk samt seinen Jüngern und sprach zu ihnen: Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.
35 Denn wer sein Leben erhalten will, der wird’s verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der wird’s erhalten.
36 Denn was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme an seiner Seele Schaden?
37 Denn was kann der Mensch geben, womit er seine Seele auslöse?
38 Wer sich aber meiner und meiner Worte schämt unter diesem abtrünnigen und sündigen Geschlecht, dessen wird sich auch der Menschensohn schämen, wenn er kommen wird in der Herrlichkeit seines Vaters mit den heiligen Engeln.
Amen.

Kreuz ist Segen…sein Kreuz nicht auf sich nehmen, es ablehnen, oder ein Stück davon abschneiden, weil es zu schwer scheint, bedeutet verloren gehen…

Das soll jetzt niemandem Angst machen – Jesus will Nachfolger, die aus Liebe zu ihm ihr Kreuz auf sich nehmen, nicht aus Angst vor Strafe…

Aber: wir sollen vom Kreuz nichts absägen!

Dabei gilt in der heutigen Zeit mehr denn je das Pauluswort aus 1.Korinther 1,18: Denn das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden.

Luther spricht von Torheit, in den neueren Übersetzungen steht „Unsinn“ oder „Dummheit“. Und wer Unsinn anstellt oder eine Dummheit begeht, wird natürlich ausgelacht.
Lassen wir uns gern auslachen? Benachteiligen? Ich spreche nicht von Verfolgung, die haben wir hier in Deutschland nicht, da gibt es Länder, in denen riskiert man sein Leben als Christ.

Doch fragen wir uns doch einmal folgendes:
Angenommen, du würdest verhaftet, weil du ein Christ bist – gäbe es genügend Beweise, dich zu überführen?

Schneiden wir nicht auch oft genug von unserem Kreuz etwas ab? Es muss ja nicht einmal eine Unehrlichkeit oder gar Betrug sein, nur nicht die ganze Wahrheit? Gehe ich der Verantwortung aus dem Wege, stelle mich dumm, statt aufzuklären, wende mich ab…
Oder fragen wir uns selbst: bin ich manchmal lieblos, höre ich nicht richtig hin, geht mir jemand auf den Nerv und ich wünsche mir meine Ruhe?….Da geht es doch schon los…

Ich habe schon mal von jemandem gehört, wie er sagte – im Gebet – er wünscht sich eine ganz große, eine schwere Prüfung des Glaubens. Doch ist das wirklich notwendig? Oder ist es eher überflüssig, ist es doch schon schwer genug, den vielen kleinen Nadelstichen, die der Alltag so für uns bereit hält, zu widerstehen.
Wenn ich da so an mich denke, fallen mir gleich ein paar Dinge ein:

  • wenn ich zum gefühlten 200. Mal meinen Schlüssel suche, weil ich ihn eben nicht dorthin gelegt habe, wo ich ihn vermute
  • wenn auf der Straße vor mir einer mit 45 km/h fährt, ich aber nicht überholen kann, weil Gegenverkehr ist
  • wenn ich in meiner Hektik wieder einmal etwas umgeworfen oder verschüttet habe
  • wenn ich vor meinem PC sitze und wieder einmal rausfliege, weil der Server abgeschaltet hat…natürlich ohne Vorwarnung…

Und und und…
Kommt es euch bekannt vor? Diese vielen kleinen Malheure oder Ungeschicklichkeiten können schon ganz schön nerven, oder?
Doch auch hier heißt es wieder:

Wir sollen vom Kreuz nichts absägen!

Oder gehen wir mal weiter: Wir leben in einem christlich regierten Staat. Heißt es jedenfalls. Die Regierungsparteien tragen ein großes C im Namen. Das C steht für CHRISTLICH.

Doch was ist das für ein christlicher Staat, der es zulässt, dass man die Kreuze aus den Klassenzimmern entfernt?
Die Symbole für unseren christlichen Glauben? Wo blieb der Aufschrei, als das geschehen ist? Da wird eine Möglichkeit beschnitten zum Bekenntnis…
Hier wurde nicht nur ein Stück vom Kreuz abgesägt, nein, das ganze Kreuz wurde weggefegt…aus falsch verstandenem Liberalismus, weil es die Religionsfreiheit der Nichtchristen verletzt, so die Begründung.

Vor wenigen Tagen ging eine Meldung durch die Presse, da wurde ein Ermittlungsverfahren gegen einen evangelischen Pfarrer wegen Volksverhetzung eingeleitet – weil er in seiner Predigt davor warnte, die Unterschiede zwischen Christentum und Islam zu verwischen und weil er sagte: „Es gibt nur einen wahren Gott. Wir können keine Gemeinsamkeit mit dem Islam haben.”
Hassprediger, so nennen ihn manche…dabei hat er sogar dazu aufgefordert, die Menschen, gleich welcher Religion, zu schützen… er will nur eine Abgrenzung des christlichen Glaubens von anderen Religionen und steht dafür ein, eine Verwässerung unseres Glaubens zu vermeiden.
Er ist nur gegen die Vermischung des Christentums mit anderen Religionen.
Was sind das für Amtskollegen, die da gegen ihn demonstrieren?

Wir sollen vom Kreuz nichts absägen!

Jesus spricht in unserem Text frei und offen davon, dass es zwingend notwendig ist über Leiden, Tod und Auferstehung die Erlösung zu vollbringen. Dabei spricht er von sich nicht als dem Christus oder dem Messias, sondern als Menschensohn… derselbe Begriff ist von Daniel in seinen Visionen verwendet worden.
Der Menschensohn…nichts Göttliches, so scheint es auf den ersten Blick. Doch wer die alten Schriften kennt, der weiß, dass er in diesem Fall vom Messias, dem Erlöser spricht.
Und unser alter Freund Petrus? Der Fels, der später zum Wackelpudding wird? Der macht sich wieder einmal zum Wortführer für alle anderen und versucht, Jesus von diesem Weg abzubringen…
Eine menschliche Reaktion, würde ich sagen. Denn es ist menschlich, Leiden und Tod auszuklammern aus dem Leben…es ist menschlich, nur an das Positive im Leben zu denken…
Doch für Jesus ist dies ein Angriff des Satans – ähnlich wie in der Geschichte von der Versuchung durch Satan…dieser will ihn abbringen vom Erlösungsweg, weiß er doch, dass er dann auf alle Fälle der Unterlegene sein wird.
Petrus macht sich zum Sprecher der Menschen, und damit meint er nicht was göttlich ist. Er versteht es noch nicht, er kann es gar nicht verstehen…
Doch verurteilen wir Petrus nicht, wir haben ja einen riesigen Vorteil…wir wissen, was später kommt, er weiß es noch nicht. Und das, was Jesus ihm bisher gesagt hat, versteht er noch nicht…das kommt erst viel später, das Verstehen.
Geht es uns aber nicht auch manchmal so: Für den Augenblick hadern wir mit dem Schicksal, wir müssen einen Weg gehen, der uns gar nicht behagt, wir werden in eine Rolle gedrängt, die uns unangenehm ist…
Und sehr viel später erkennen wir, wie viel Segen uns durch diese „Unannehmlichkeiten“ oder auch durch Schmerzen zuteil geworden ist?
Mit hat mal jemand sinngemäß gesagt: „Es war nicht angenehm, wie es gelaufen ist, aber jetzt sage ich: es ist gut so, wie es gekommen ist…“
Das, ihr Lieben, ist das Kreuz annehmen, so wie es einem auf dem Rücken liegt, auch wenn es drückt, auch wenn blaue Flecken auftreten, auch wenn man sich mal einen Schiefer einzieht an dem rauen Holz…
Es gibt ein altes Chorlied vom alt rauhen Kreuz …
und auch wenn die Sprache des Textes nicht mehr zeitgemäß zu sein scheint, so spricht dieses Lied doch genau von dem, von dem unser Predigttext spricht…

Wir sollen vom Kreuz nichts absägen!

In wenigen Tagen beginnt die Passionszeit, die Zeit, in der wir daran denken, wie viel Jesus für uns gelitten hat, was er für uns alle getan hat, für dich und für mich…
Jesus hat nie von seinem Kreuz ein Stück abgesägt, er ist den Weg gegangen bis zum bitteren Ende…und auch wenn er kurz vorher noch gebetet hat „Wenn es möglich ist, so lass diesen Kelch an mir vorübergehen“, so hat er doch hinzugefügt „Nicht mein, sondern dein Wille geschehe…“
Viele tragen als Bekenntnis ein kleines Kreuz am Hals, an einer Kette oder an einem Lederband. Dagegen ist absolut nichts einzuwenden, ich selbst habe einige in verschiedenen Ausführungen, aus Holz, aus Stein, aus Gold.
Aber wenn sich das Kreuztragen auf diesen Schmuck reduziert, wenn das alles ist, was bleibt vom „Kreuz auf sich nehmen“, dann ist etwas dagegen einzuwenden. Dann ist es bloße Symbolik, und dann kann das Kreuz auch abgenommen werden – genauso wie die Kreuze in den Schulen.
Kennt Ihr das Lied von Manfred Siebald „Das kleine Kreuz an deinem Hals“? Das spricht auch davon, dass dieses Symbol sich gut trägt, nicht wie das, an dem einst Jesus seinen Schweiß vergoss. Da ist kein Dreck mehr dran und nichts mehr von dem Blut, das dort für dich und mich und unsre Sünden floss. So heißt es darin.
Jesus hat für dich und mich sein Blut vergossen, immer wieder werden wir daran erinnert, wenn wir sein Kreuz ansehen.

Ich habe vorhin Paulus zitiert Denn das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden.
Jetzt möchte ich noch den zweiten Teil dieses Satzes bringen: uns aber, die wir selig werden, ist’s eine Gotteskraft.

Wenn wir vom Kreuz nichts absägen, wird das belohnt. Wir kommen hinüber in die Gottesstadt, so wie der Pilger in dem Traum des alten Mannes.
Lasst uns das bedenken. Lasst uns vom Kreuz nichts absägen, auch nicht das kleinste Stück.
Amen.

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