Splitter und Balken
Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und den Balken in deinem Auge nimmst du nicht wahr? Wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt still, Bruder, ich will den Splitter aus deinem Auge ziehen, und du siehst selbst nicht den Balken in deinem Auge? Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge und sieh dann zu, dass du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehst! Lukas 6,41-42 und Matthäus 7,3-5
Au, das tut weh – ein Splitter im Auge…da muss ich doch dem anderen helfen und ihn von seiner Qual erlösen. Ist doch alles nur gut gemeint, oder? Ich will doch nur freundlich zu dem anderen sein.
Doch Jesus entlarvt hier die Scheinheiligkeit, die vorgetäuschte Hilfsbereitschaft. Er entlarvt diese als den Versuch, den anderen zu demütigen, mich selbst aufzuspielen und als etwas Besseres darzustellen als ich bin. Er verdeutlicht meinen Willen, mich als Richter über mein Gegenüber zu erheben. Und das kann nur in die Hose gehen. Denn so wie ich mit einem anderen umgehe, so wie ich dem anderen gegenübertrete, so werden die anderen mir auch gegenübertreten, so werde ich von anderen auch behandelt werden.
Wäre es nicht besser, sich ein bisschen zurückzunehmen, dem anderen seine Fehler und Schwächen nachzusehen, großzügig zu sein? Es könnte doch auch mal anders herum kommen, dass mir jeder kleine Fehler angerechnet wird, dass ich für jede kleine Verfehlung geradestehen soll, und dann wäre mir ein bisschen Nachsicht von Seiten meiner Mitmenschen auch sehr lieb.
Es gibt einen schönen Spruch, der in manchem Poesie-Album stehen dürfte:
Hast du einen Menschen gern,
sollst du ihn verstehen
und nicht hier und da und dort
tausend Fehler sehen.
Schau mit Liebe und verzeih!
Du bist auch nicht fehlerfrei!
Wenn wir uns alle daran halten, hat das Richten und Verurteilen bald ein Ende.