In einem durch eine gesetzgebende Regierung gesteuerten Land wie Deutschland gibt es mehr oder weniger sinnvolle Gesetze. Eines davon – die Straßenverkehrsordnung nämlich – verbietet den Soldaten, auf Brücken im Gleichschritt zu marschieren.
Nun gut, es klingt vielleicht etwas merkwürdig, aber nach kurzer Überlegung ist dieses seltsam anmutende Gesetz vielleicht doch nicht so doof. Die Bestimmung kann einerseits wegen unangenehmer Erinnerungen aus den Weltkriegen stammen – oder man ist nur auf Sicherheit bedacht. Denn der Gleichschritt kann so eine Brücke ganz schön in Schwingungen versetzen, und die Steine könnten bröckeln. Dumm wäre es dann, wenn die Brücke zusammenstürzen würde – alles nur, weil die darüber marschierenden Menschen im Gleichschritt liefen.
Gleichschritt – das bedeutet, wir laufen alle auf dieselbe Art und Weise. Wir heben gleichzeitig das rechte Bein und setzen es gleichzeitig wieder auf, möglichst zackig und energisch. Dann kommt ebenfalls gleichzeitig jedes linke Bein dran, genauso zackig und energisch. Ein einziger Schritt ist nur zu hören. Alles bewegt sich im gleichen Rhythmus. Vielleicht ertönt sogar noch Trommelschlag dazu, damit der Takt gewahrt bleibt. Die Marschierenden bilden eine Einheit.
Doch sobald einer ausschert, sobald einer den Gleichschritt nicht mehr mitmacht, sobald einer einen anderen Rhythmus anschlägt – da kann das ganze Gefüge durcheinandergeraten. Vorbei ist es mit der Einheit. Nicht lange, und der nächste verliert den Takt. Schließlich bricht alles auseinander, und aus der Einheit werden viele einzeln Individuen. Doch genau das kann die Brücke retten, sonst stürzen alle ab.
Was mir das sagen will? Ich muss nicht den Einheitsbrei mancher Zeitgenossen mitkochen. Ich muss nicht im Fahrwasser des Mainstreams mitschwimmen. Ich darf ausscheren, ich darf meine eigene Meinung haben, ich darf mein eigenes Schritttempo bestimmen. Jesus war auch keiner, der die allgemeine Meinung mitvertrat. Er hat oft genug völlig andere Wege eingeschlagen als das Übliche. Und ihn darf ich mir zum Vorbild nehmen, an ihm darf ich mich orientieren.