Der Alte mit dem Hund

Der Alte mit dem Hund

Ich liebe Manfred Siebald bzw. seine Lieder…mancher weiß das sicher schon. Seine Lieder sind ganze Predigten.

„Was ihr an guten Dingen für einen der Geringen getan habt, habt ihr mir getan!“ So lautet der Schluss des Refrains eines Liedes von ihm.

Vor ca. 30 Jahren entstanden, ist es aktuell wie eh und je.

In der ersten Strophe beschreibt Manfred Siebald die Situation eines Obdachlosen, der mit seinem verwahrlosten Hund immer mal wieder vor den Augen der besseren Gesellschaft auftaucht – als ein kleiner Stachel ins Gewissen, als einer, für den wir mal ein Fünkchen Mitleid verspüren, und das war es dann auch. Keiner sieht, wie einsam er ist, keiner sieht den Menschen in ihm – er ist halt der Alte mit dem Hund. Dreckig, mit wundgelaufenen Füßen und zerrissenen Klamotten. Sicher riecht er auch nicht sehr appetitlich, und das hält die Menschen von ihm fern. Soziale Kontakte – Fehlanzeige! Ein Gespräch – Fehlanzeige! Oder gar Freundschaften – Fehlanzeige!

Die zweite Strophe erzählt von einer alten kranken Frau, die im Bett liegt und kaum Besuche empfängt. Keiner hat Zeit für sie, und wenn doch einmal jemand zu ihr kommt, findet er keine Worte für ihren Schmerz, weil alles so fremd und unvorstellbar ist. Jeder ist mit sich selbst beschäftigt, und auch wenn wir uns mal wünschten mehr Zeit zu haben für sie, so ist dieser Wunsch doch schnell wieder in der Versenkung verschwunden. So dämmert sie vor sich hin, ein Tag ist wie der andere, sie weiß nicht einmal mehr, welcher Wochentag ist. Von der Welt abgeschnitten, vielleicht sogar bereits abgeschrieben.

Die dritte Strophe handelt von einem Gastarbeiter, wie es damals hieß. Er ist in einem fremden Land, versteht weder die Sitten und Gebräuche noch die Sprache in diesem Land. Er fühlt sich nicht willkommen, er möchte am liebsten heute als morgen zurückgehen in sein Land, dort wo seine Frau und seine Kinder leben, die er von Deutschland aus versucht zu unterstützen. Keiner nimmt sich seiner an und versucht ihn zu integrieren, keiner merkt, wie unendlich einsam er ist, keiner gibt sich Mühe ihn zu verstehen. Das klingt unglaublich aktuell, wenn wir an die Flüchtlinge denken, die sich in unserem Land aufhalten, Sehnsucht nach ihrer Familie haben und nicht einmal wissen, ob ihre Angehörigen noch am Leben sind.

Die vierte und letzte Strophe nun bringt das bittere Ende: Der alte Landstreicher ist auf irgendeiner Bank in einem Park in völliger Einsamkeit gestorben, sein Hund verschwunden. Die alte kranke Frau ist vor lauter Bitterkeit und Gram auch gestorben, keiner, der ihre Hand hielt, als sie ihre letzten Atemzüge tat, irgendein Beerdigungsinstitut hat sie dann abgeholt und in ein billiges Grab gelegt. Und der Gastarbeiter ist endlich wieder zu seiner Familie zurückgekehrt, zu der er sich so sehr zurückgesehnt hat.

Kein Mensch hat sich ihrer angenommen, keiner der Nachbarn oder besser gesagt daneben Wohnenden hat ihnen auch nur ein Wort von Gottes Liebe erzählt, keiner hat sich für sie als Gottes Hand gebrauchen lassen. Krank an der Seele sind sie alle drei von uns gegangen. Für diese drei ist es bereits zu spät, doch es gibt rings um uns her noch viele Menschen, die wir bisher noch nicht beachtet haben, da wir für sie und ihre Sorgen blind waren. So ist die Quintessenz des Liedes.

Und im Refrain singt Manfred Siebald immer wieder davon, dass uns Jesus ansieht, und er will uns daran erinnern, dass alles was wir an Gutem einem Menschen getan haben, in Wirklichkeit für Jesus getan wurde.

Ich bin oft auf Schwarzenshof – einer Einrichtung, die ursprünglich für die Betreuung alter Menschen entstanden ist, einst aus Nächstenliebe gegründet. Viel Segen ist bisher von hier ausgegangen und ich gehe davon aus, dass noch viel Segen ausgehen wird.

Lasst uns hier und auch zu Hause die Augen offenhalten und überlegen, wo in der Nachbarschaft oder auch in Schule, Beruf oder Gemeinde ein Mensch nur darauf wartet, dass ihm jemand eine Hand reicht, sei es zum Helfen, sei es nur zum Trösten.

Und dann wollen wir uns ein Herz fassen und auf diesen Menschen zugehen. Ich gebe jetzt ein Versprechen ab: Es wird sich lohnen.

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