Das Volk Israel – der Auszug aus Ägypten

SAMSUNG CAMERA PICTURESAuszug aus Ägypten

Seit Josef waren Jahrhunderte vergangen. Der Pharao hatte inzwischen vergessen oder verdrängt, dass dieser Fremdling der Retter des ägyptischen Volkes gewesen ist. Die Nachkommen dieses Josef wurden unterdrückt, sie waren Sklaven geworden, Sklaven ohne Rechte, nur mit Pflichten und Aufgaben behaftet.

Schließlich trat Mose im Auftrag Gottes dem Pharao entgegen, und nach langem Hin und Her, nach zehn Plagen, die das ägyptische Volk erleiden musste, konnten die Israeliten das Land verlassen. Sie nahmen Kurs in Richtung des Landes, das ihrem Stammvater Abraham einst verheißen worden war.

Vierzig Jahre dauerte diese Wanderung, die in wenigen Wochen hätte zu Ende gehen können. Vierzig Jahre – das ist mehr als eine Generation. Vierzig Jahre – unterwegs wurden Kinder geboren, Alte starben, wer als Kind losgelaufen war, kam als Erwachsener an – wenn er überhaupt ankam.

Vierzig Jahre, in denen das Volk Israel mit allen möglichen Widrigkeiten zu kämpfen hatte: mit Hunger und Durst, mit feindlich gesonnenen Völkern, und nicht zuletzt mit dem eigenen Dickschädel und der Ungeduld. Denn kaum war Mose mal ein paar Tage nicht da, schon machten sie sich einen Gott, den sie sehen konnten, einen kleinen goldenen Stier, den sie anbeteten und um den sie herumtanzten.

Und war Hunger angesagt, schon murrten sie und wollten zurück zu den Fleischtöpfen Ägyptens.

Das Gedächtnis ist manchmal ein komisches Ding und verklärt die Vergangenheit, die in Wirklichkeit alles andere als rosig war. Das stelle ich derzeit bei manchen Zeitgenossen auch fest – die 40 Jahre, die beide deutsche Staaten nebeneinander her existierten, werden fast glorifiziert, und das auf beiden Seiten der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Da ich ein Kind des Ostens bin, fallen mir natürlich besonders die wehmütigen Bemerkungen auf, die die Vergangenheit im Osten in einem viel besseren Licht erstrahlen lassen, als sie in Wirklichkeit war. Und so ging es auch den Israeliten – sie hatten vergessen oder verdrängt, wie sie in Ägypten leiden mussten, und dachten nur noch an die positiven Dinge, die sie übermäßig lobten und zurücksehnten.

Doch auch die vierzig Jahre gingen vorbei, und das Volk Israel durfte in einem grandiosen Showdown die Stadt Jericho einnehmen.

Sie waren angekommen in ihrer neuen Heimat.

Lassen wir die Neuankömmlinge, die täglich in unser Land strömen, auch ankommen in ihrer neuen Heimat? Denken wir daran, dass sie im Gegensatz zu den Israeliten damals meistens nicht freiwillig gegangen sind, dass sie oft unaussprechliche Dinge erleben mussten? Versetzen wir uns einen Moment in ihre Lage?

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