Wir haben hier keine bleibende Stadt

Diese Predigt habe ich zu unserem Gemeindefest 2013 gehalten – mit leichten Abwandlungen ist sie hier veröffentlicht:

 

Wir haben hier keine bleibende Stadt

Ein Puzzle ohne Vorlage bauen – geht das? Oder erinnert das nicht eher an das Vorgehen so mancher Zeitgenossen:

Mit dem Kopf durch die Wand – und hinterher sich fragen, warum einem der Schädel brummt?

Oder: erst mal alles anfangen – und viel später nach dem Wie fragen?

Wir leben manchmal in den Tag hinein, ohne Sinn, ohne Ziel…

Wer nicht weiß, wohin er will, darf sich nicht wundern, wenn er wo anders ankommt! Hat Mark Twain einmal gesagt.

Wenn ich keine Vorlage habe für mein Puzzle, dann brauche ich mich nicht zu wundern oder gar zu ärgern, wenn ich es nie fertigstelle oder wenn ich dazu mein ganzes Leben vertue.

Und eine alte Seefahrerweisheit besagt: Wer nicht weiß, wohin sein Weg ihn führt, für den ist kein Wind der richtige.

Wir brauchen ein Ziel – das Ziel ist vielleicht für jeden anders, aber jeder wird ja wohl irgendein Ziel haben (denk ich doch)…

Es gibt ganz unterschiedliche Ziele – manche liegen in weiter Ferne, manche sind nur kurzfristig…

Ich will jetzt auch nicht ein Ziel vorgeben, sondern das was ich sage, soll nur wie ein Puzzlestein zu den anderen hinzugefügt werden, die bei Euch schon vorhanden sind….bis irgendwann ein Ganzes daraus geworden ist.

Wir haben hier keine bleibende Stadt – so heißt der Anfang des Spruchs, über den wir gemeinsam nachdenken wollen.

Das ist ein Fakt, dem wir wohl kaum widersprechen können.

Auf unser Leben übertragen heißt das ganz einfach: Wir sind nicht unsterblich.

Wäre das denn überhaupt eine erstrebenswerte Vorlage für das Leben – die Unsterblichkeit? Wollen wir das denn wirklich? Hier auf der Erde immer weiter leben?

Oder ist es nicht eher so, dass ein unsterbliches Leben, wenn wir es konsequent zu Ende denken, sterbenslangweilig wäre?

Du kannst nichts verpassen, alles im Zweifelsfall noch einmal nachholen, aufholen, nachschieben. Das Leben – ein Endloskarussell, das sich immer weiter dreht.

Das Leben als never-ending-story findet keinen Schluss, geht immer weiter, das Leben als Endlosgeschichte – langweilig allein die Vorstellung.

Es kommt ja auf nichts mehr an, alles ist egal, mir kann ja nichts passieren, ich bin unsterblich – gleich kommt mir das große Gähnen.

Wir haben hier keine bleibende Stadt.

Irgendwann müssen wir ausziehen – aus dieser Welt, aus diesem Leben. Und können nichts mitnehmen. Wir müssen alles und alle zurücklassen.

Nicht Kofferpacken — und auf geht’s in das Abenteuer Tod.
Sondern: Du musst alles hier lassen.
Denn am Ende stehst du wieder mit leeren Händen da.

Im 19. Jahrhundert lebte in Polen ein bekannter jüdischer Rabbi. Zu ihm kam eines Tages ein Besucher, um einen Rat von ihm zu erbitten.

Als der Mann sah, dass die Wohnung des Rabbi aus einem winzigen Zimmer bestand, in dem sich nur eine Bank, ein Tisch mit Stuhl und viele Bücher befanden, fragte er den Rabbi verwundert:

„Meister, wo haben Sie Ihre Möbel und den Hausrat?“
„Wo haben Sie Ihre?“, erwiderte der Rabbi.

„Meine?“, fragte der verblüffte Fremde, „ich bin doch nur zu Besuch hier. Ich bin doch nur auf der Durchreise!“

„Ich auch!“, sagte der Rabbi.

Unser Leben ist eine wunderbare Reise. Beschweren wir uns nicht mit zu viel unnützem Ballast.

Auf einer Rennsteigwanderung, die wir zu zweit vor etlichen Jahren – 2004 – unternahmen, haben wir am eigenen Leibe gespürt, was es heißt, unnützen Ballast mitzuschleppen.

Tag für Tag den Rucksack auf dem Rücken, noch dazu ein Sommer, der seinen Namen wirklich verdiente, das hat schon ganz schön geschlaucht.

Und jeden Morgen, wenn wir wieder losgegangen sind, kam die obligatorische Frage: „War der Rucksack gestern auch schon so schwer?“ — dabei waren wir uns sicher: Wir haben nur das Notwendigste mitgenommen.

Nur das mitnehmen und tragen, was wirklich nützlich ist. Alles andere kann über Bord geworfen werden.
Omnia mea mecum porto – „All meinen Besitz trage ich bei mir“, sollte unser Motto sein.

Wir haben ein großes Ziel und ein wunderbares Ziel bei Gott. Bis dahin sind wir auf der Durchreise.

Wir sind unterwegs. Wer unterwegs ist, ist neugierig, das heißt im wahrsten Sinne „auf Neues gierig“. Ich persönlich bin sehr neugierig und gebe es auch zu….

Wer unterwegs ist, freut sich über die Gelegenheit, neue Leute kennenzulernen oder auch alte Bekannte wieder zu treffen.

Wer unterwegs ist, freut sich darauf etwas zu erleben, von dem er erzählen kann.

Und später kommt dann immer mal das „Weißt du noch?“ — mir geht es mit unserer Rennsteigwanderung auch so…

Wer unterwegs ist, ist unruhig, der sucht etwas, er ist noch nicht am Ziel…

Auch Paulus war auf der Reise, er war wie ein Handelsreisender in Sachen Evangelium – er war unruhig, wollte immer weiter, und trotzdem machte er ab und zu Station in den Städten und Dörfern, die er erreichte. Und dort verkündete er das Evangelium, knüpfte Kontakte, baute Gemeinden auf…

Und dann ging er wieder weiter…

Loslaufen, weitergehen müssen wir schon, wir sollen nicht auf der Stelle treten.

Losgehen – das heißt aber auch nicht, loszugehen ohne Ziel und Plan.
Ein Mann brach zu einer sehr langen Wanderschaft auf. Er kannte die allgemeine Richtung in die er gehen musste, aber er hatte keine Karte, an der er sich orientieren konnte.

Folglich schlug er viele falsche Wege ein, wodurch seine Reise sich noch mehr in die Länge zog.

Dann kam er eines Tages in ein Dorf und beschloss, jemanden zu fragen, in welche Richtung er weitergehen müsse. „Haben Sie keine Karte?“ wurde er gefragt.
„Nein“, antwortete er.

„Hier, nehmen Sie dies“, sagte der Fremde und drückte ihm ein Buch in die Hand.

„Was soll mir dies nützen?“ sagte der Mann. „Wann habe ich schon Zeit, so ein dickes Buch zu lesen? Ich verlasse mich auf meinen Instinkt, er wird mich an mein Ziel bringen. Und außerdem müsste ich mich noch dazu mit diesem dicken Buch abschleppen.“

Und so warf er es weg. Ob er wohl jemals am Ziel ankommt?

Diese Geschichte erinnert mich ein wenig an den Anfang meiner Predigt – ein Puzzle bauen wollen ohne Vorlage, ohne zu wissen was einmal herauskommen soll.

Eine Wanderung unternehmen ohne Wegweiser, ohne Wanderkarte, ohne Navigationsgerät?

Ich weiß nicht, was der Fremde in meiner Geschichte dem Wanderer für ein dickes Buch in die Hand gedrückt hat.

Aber ich habe hier auch ein dickes Buch – ihr kennt es sicher alle. Die Bibel.
In diesem Buch stehen ganz viele Geschichten, Hinweise, Aussagen, die uns unseren Weg zeigen können.

Ein paar ausgewählte Verse möchte ich euch jetzt vorlesen.

Als erstes noch einmal im Ganzen der Vers, der uns hier begleitet:

Hebräer 13,14: Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.

Wir sind als Gemeinden zusammen unterwegs und suchen eine neue Heimat, ähnlich wie das Volk Israel gesucht hat.

Wir bleiben nicht auf der Stelle stehen, sondern gehen weiter, immer weiter.

Und einer ist uns vorangegangen. Jesus. Er hat uns gezeigt, was es heißt, unterwegs zu sein. Mit einem Unterschied: Er hat nicht gesucht, er musste nicht suchen, sondern er hat gewusst, wo die zukünftige Stadt sein wird.

Und Jesus hat uns eine wunderbare Zusage gegeben, sie steht in Johannes 14,2: In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen. Ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten.

Er bereitet uns eine Stätte, eine neue Stadt…ich bin gespannt, wie diese aussehen wird.

In dieser neuen Stadt können wir dann ausruhen, wir werden Sabbat feiern, so wie es in Hebräer 4 Vers 9 versprochen wird: Es ist also noch eine Ruhe vorhanden für das Volk Gottes.

Das kann ein Ausblick sein auf das, was uns erwartet. Die Ruhe, das Ausruhen, kein Stress mehr, keine Mühe, keine Arbeit.
Einer hat die ganze Arbeit vor uns und für uns getan.

Deshalb ist ja auch die Rede von ihm als dem Anfänger und Vollender unseres Glaubens.

Wir haben seine Zusage: In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen…

Wie wird es denn aussehen, das Vaterhaus mit den vielen Wohnungen? Wie wird die neue Stadt, die zukünftige Stadt, aussehen?

Wir alle sind eingeladen, uns Gedanken darüber zu machen, wie die zukünftige Stadt aussehen könnte. Wir alle dürfen an einer neuen Stadt bauen.

Doch trotz aller Mühe wird auch dieses Bauwerk nicht vollkommen werden können – da wir nicht vollkommen sind.

Deshalb lasst uns auf ihn sehen, den Anfänger und Vollender unseres Glaubens. Wir dürfen ihn auch an uns bauen lassen.
Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.

Lasst uns gemeinsam suchen – nicht nur heute.

Amen.

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