Gestatten, dass ich mich vorstelle – mein Name ist Briefkasten…
Ich wurde geschaffen zu einem bestimmten Zweck. Ich soll Nachrichten annehmen, sie aufbewahren, vor schlechter Witterung und vor Diebstahl schützen und an meinen Besitzer weiterleiten.
Jeden Tag kommt ein Bote und bringt mir einen oder mehrere Umschläge oder Karten oder Zeitungen, die ich in mich aufnehme und so lange aufbewahre, bis der Adressat der Nachrichten zu mir kommt, mich aufschließt und sie mir wieder abnimmt.
Ich erfahre keinerlei Dankeschön von meinem Besitzer – und ich habe es auch nicht erwartet. Ich bin halt nur ein Briefkasten.
Manchmal möchte ich gerne wissen, was da so in den ganzen Schriftstücken steht, die in mich hineingeworfen oder -gestopft werden. Manchmal sehe ich meinen Besitzer freudig aufblicken, wenn er meinen Inhalt sieht, meistens ist es jedoch nur ein unwilliges Gemurmel, was ich zu hören bekomme. „Schon wieder eine Rechnung von denen!“ – das kommt oft vor…was auch immer das bedeuten mag. Weiß ich doch nicht, was eine Rechnung ist – ich bin ja nur ein Briefkasten.
Doch neulich – was hab ich da gehört? Da ging ein Pärchen an unserem Grundstück vorbei, und da sagte doch der junge Mann zu dem Mädchen: „Schau mal, das ist ein besonders schöner Briefkasten an dem Zaun da…“ Und sie antwortete ein wenig verträumt: „Der kann bestimmt viel erzählen…“
Tja, wenn es nur so wäre – ich kann nur erzählen, dass jeden Tag der Briefträger kommt und etwas in mich hineinsteckt, von dem ich nicht weiß, was es ist, und dass der Besitzer, der Empfänger der Post, diese dann wieder aus mir herausnimmt, ohne ein Wort mit mir zu wechseln.
Und doch hat mir dieses kurze Gespräch der beiden gut getan…weiß ich doch jetzt, dass ich ein besonders schönes Exemplar der Gattung Briefkasten bin…
Ich bin wer!