Wer weiß? Vielleicht lässt Gott es sich gereuen und wendet sich ab von seinem grimmigen Zorn, dass wir nicht verderben.
Jona 3,9
In seinem Gedicht „Wie schön war die Stadt Ninive“ erzählt Klaus-Peter Hertzsch die Geschichte des Propheten Jona, der von Gott den Auftrag erhielt, nach Ninive zu gehen und dieser Stadt das Strafgericht anzukündigen. Ninive war eine der wichtigsten Städte Assyriens und zeitweise sogar Hauptstadt. Doch in ihr regierte die Bosheit. Deshalb sollte sie zerstört werden, doch nicht ohne vorherige Ankündigung. Dies sollte nun Jona übernehmen. Der hatte jedoch wenig Lust, sich auf das waghalsige Unternehmen einzulassen, und ging lieber in die andere Richtung. Nach einem heftigen Sturm, bei dem ihm klar wurde, dass er doch besser auf Gott gehört hätte, und nach einem dreitägigen Aufenthalt im Bauch eines riesigen Fisches war er jedoch zu dem Weg nach Ninive bereit. Alles weitere lasse ich K.-P. Hertzsch erzählen:
Und Gott sah aus von seiner Höh
und sah auf die Stadt Ninive,
sah auch den guten Fisch und sah:
Jetzt ist der Jona wieder da.
Und sprach zu ihm: „Nun aber geh
auf schnellstem Weg nach Ninive!“
Da ging er los und floh nicht mehr.
Viel Tag und Nächte wandert er.
Er kam ans Tor und ging hinein.
Die Stadt war groß, er war allein.
Und trotzdem fasste er sich Mut,
hielt seine Predigt, kurz und gut,
und rief auf Plätzen und auf Straßen,
wo Leute standen oder saßen:
„Noch vierzig Tage, spricht der Herr.
Dann gibt es Ninive nicht mehr.
Die Stadt ist groß. Die Stadt ist schön.
Was böse ist, muss untergehn.“
Die Leute, wie man denken kann,
die hörten das mit Schrecken an.
Sie hatten nie daran gedacht
und schliefen nicht die nächste Nacht.
Und morgens war die Lust dahin,
die schönen Kleider anzuziehn.
Sie zogen einfach Säcke über
und eine alte Schürze drüber.
Es sang kein Mensch ein frohes Lied mehr.
Sie hatten keinen Appetit mehr.
Sie aßen nicht. Sie tranken nicht.
Sie dachten nur ans Strafgericht.
Und als der König das erfuhr,
erschrak er auch und nickte nur.
Er zog den Purpurmantel aus
und schickte seinen Koch nach Haus.
Er nahm nicht Schuh noch Fingerring,
weil er im Sack und barfuß ging.
Sein Herold rief mit Hörnerklang:
„Befehl: Ihrs sollt drei Tage lang
bedenken in der ganzen Stadt,
was Jona euch gepredigt hat,
was jeder Böses hat getan
und wie er’s besser machen kann.
Ihr sollt die Kleider und das Essen,
ja selbst einmal das Vieh vergessen.
Ihr sollt in Häusern und in Hütten
den Herrn um sein Erbarmen bitten.
Vielleicht ist es noch nicht zu spät,
dass unsre Stadt nicht untergeht.“
Und Gott sah aus von seiner Höh
und sah auf die Stadt Ninive
und sah die traurigen Gestalten
und sprach: „Ich will die Stadt erhalten.“
Ja, so kann es natürlich auch gehen – Gott begnadigt denjenigen, der aufrichtig bereut, so wie die Menschen in Ninive es getan haben.