Noch eine Regenbogen-Geschichte
Es war einmal ein Regenbogen, einer von vielen, die immer wieder eine Brücke bilden von einem Ende zum anderen. Dieser Regenbogen hatte aber leider keine so schönen bunten Farben, wie sie halt ein Regenbogen haben sollte. Er wusste einfach auch nicht warum und deswegen wurde er immer trauriger. Wenn nach dem Regen die Sonne hervorkam, dann bildete er seinen Bogen und strengte sich an, schön und farbenfroh auszusehen. Aber leider, es gelang ihm nicht mehr! Früher einmal war er der beste, schönste und farbenprächtigste Bogen gewesen. Das meinte er zumindest!
Eines Tages setzte sich ein Vogel auf diesen traurigen Regenbogen und fragte ihn, warum er denn so traurig sei. Dieser erzählte dem kleinen gefiederten Freund seinen Kummer! Er hörte aufmerksam zu, breitete seine Flügel aus und flog hoch in den Himmel zur Sonne. „Liebe Sonne, warum ist dieser Regenbogen unter dir so farblos, warum hat er nicht die Farben, die doch alle Regenbogen haben! Warum er nicht?“
Die Sonne machte ein ernstes Gesicht und erzählte dem Vogel ihre Geschichte. „Dieser Regenbogen ist ein sehr hochnäsiger Regenbogen. Er wollte einfach immer der schönste sein und nie habe ich ihm seiner Meinung nach genug Licht gegeben. Ich hätte immer alle anderen Regenbogen bevorzugt und besser beschienen als ihn. Das stimmte natürlich nicht. Ich behandle alle gleich. Eines Tages dachte ich mir, dass ich ihm eine Lektion erteilen müsste. Das ist nun schon eine Weile her. Immer, wenn die anderen Regenbogen sich in ihrer Pracht entfalten, lasse ich ihm eine Wolke vorschieben, so dass meine Strahlen ihn nicht ganz erreichen. Ich habe gedacht, er würde es eines Tages begreifen, dass er selber Schuld an seiner Traurigkeit hat.“
Der kleine Vogel wurde nachdenklich und sagte: „Meinst du nicht, dass es nun wieder an der Zeit wäre, ihm seine Farben zurückzugeben. Er hat doch im Innersten bestimmt begriffen, dass er an seiner Farblosigkeit selber Schuld hat. Sicherlich wird er daraus gelernt haben und wird sich in Zukunft einfach mehr bescheiden und mit dem zufrieden sein, so wie er ist!“
Die Sonne lächelte gütig und meinte: „Na, du hast ja recht – man sollte nicht so nachtragend sein. Ich werde in Zukunft die Wolke vom Wind wegblasen lassen und dein Regenbogen bekommt seine Farben zurück. Ich denke, er hatte genug Zeit, darüber nachzudenken. Danke für deinen Besuch, kleiner Vogel und grüße mir den Regenbogen!“
In diesem Moment fing es an zu regnen. Er setze sich unter den Ast eines Baumes, steckte sein Köpfchen unter sein Gefieder und schlief ein.
Er wurde wach, als er von einem Sonnenstrahl gekitzelt wurde und als er die Augen auftat sah er etwas ganz Wunderbares!
Da stand sein Regenbogen in vollster Farbenpracht, seine Brücke reichte von einem Ende der Erde zum anderen und der kleine Vogel bildete sich ein, noch nie so einen schönen Regenbogen gesehen zu haben. Er flog zu ihm, setzte sich auf ihn und sang sein schönstes Lied!
Manchmal dauert es lange, bis man einsieht, dass man nicht immer der Größte, Beste und Schönste sein kann – andere haben auch ihre Vorzüge und niemand muss sich in den Schatten stellen. Jeder ist sein eigenes Individuum und hat einen bedeutenden Wert als kleines Rädchen in dem großen Weltgeschehen.
(c) Renate Harig (18.03.2007)