Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer nicht zur Tür hineingeht in den Schafstall, sondern steigt anderswo hinein, der ist ein Dieb und ein Räuber. Der aber zur Tür hineingeht, der ist der Hirte der Schafe. Dem macht der Türhüter auf, und die Schafe hören seine Stimme; und er ruft seine Schafe mit Namen und führt sie hinaus. Und wenn er alle seine Schafe hinausgelassen hat, geht er vor ihnen her, und die Schafe folgen ihm nach; denn sie kennen seine Stimme. Einem Fremden aber folgen sie nicht nach, sondern fliehen vor ihm; denn sie kennen die Stimme der Fremden nicht. Johannes 10,1-5
Die anderen Gleichnisse haben eines gemeinsam: Sie stehen alle in den drei Evangelien Matthäus, Markus und Lukas. Alle, bis auf eines. Johannes erzählt als einziger das Gleichnis vom guten Hirten. Und es ist das einzige Gleichnis, das durch Johannes erzählt wird.
In meiner Gegend gibt es nicht sehr viele Schafherden. Vor allem keine großen. 20, 30 Stück sind schon viel. Meistens sieht man 5 bis 6 Schafe beieinander, das kann dann nicht Herde genannt werden. Bei einer so geringen Anzahl sind weder Schäfer noch Hund notwendig. Ein kleiner Zaun genügt, um die Schafe beieinander zu halten. Doch auch diese Schafe brauchen Schutz. Schutz vor jedem, der ihnen etwas Böses tun will. Immer wieder liest man von Fällen, in denen ein Schaf mutwillig abgestochen worden ist. Einfach so aus Lust am Töten oder aus Lust daran, jemandem zu schaden.
Zur damaligen Zeit waren Hirten ein alltäglicher Anblick. Schafherden bis zu 3000 Stück waren keine Seltenheit. Da kann man schon mal den Überblick verlieren. Wenn man ein Mensch ist.
Doch Jesus spricht hier nicht von einem Menschen, sondern von sich selbst. Und er ist göttlich. Er verliert nicht den Überblick. Er sieht jeden von uns. Und ich will sagen: Wenn er der Hirte ist, dann bin ich gerne ein Schaf. Und ich will seine Stimme hören, auch wenn sie manchmal ganz leise ist.
Herr, bewahre mich davor, mich durch die Stimme eines Fremden täuschen zu lassen!